Der stille Engländer Alex wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen. Unterwegs in Kanada nimmt er zunächst widerwillig die 19-jährige Anhalterin Vivienne mit. Gerade als er sich unter ihrem quirligen Geplauder zu öffnen beginnt, rammt ein Laster das Auto. Das junge Mädchen ist sofort tot. Voller Schuldgefühle sucht Alex Viviennes Mutter auf, um ihr sein Beileid auszusprechen. Doch Linda ist keine gewöhnliche Mum: Sie ist Autistin und kann ihre Trauer nicht zeigen. Alex beschließt, ein paar Tage bei ihr zu bleiben und ihr zu helfen. Immer mehr nimmt er an ihrem Leben teil und beginnt zudem eine Affäre mit der schönen Nachbarin Maggie, die ihre Gefühle routiniert auf Distanz hält. Doch vorsichtig beginnen sich die drei Außenseiter zu öffnen, und als der Schnee schmilzt, ist das Leben für keinen der drei mehr so, wie es war …
Mitten im verschneiten Kanada gelang Regisseur Marc Evans ein bewegender und heiterer Film über das Auftauen verborgener Gefühle. Das mit Sigourney Weaver, Alan Rickman und Carrie-Anne Moss besetzte Drama eröffnete 2006 den Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele in Berlin und gewann den Publikumspreis bei der 6. Filmkunstmesse in Leipzig.
Filmbewertungsstelle Wiesbaden: Besonders wertvoll
Der Film besticht durch ein sensationelles Schauspieler-Ensemble, und er erzählt eine glaubwürdige Geschichte, bei der man als Zuschauer für das kleinste Mienenspiel, für Blicke und Gesten und Körperhaltungen aufmerksam wird. Klein und ganz alltäglich, aber dabei groß und tief menschlich, korrespondiert dieser Seelenfilm mit der prächtigen Naturkulisse. Die Bilder von Gesichtern und Landschaft sind eindrucksvoll, der Soundtrack gefühlvoll. Dies ist ein Film, den Kinobesucher angenehm nachdenklich, aber nicht resigniert und gut unterhalten verlassen werden.
Was zunächst als vergnügliches Road Movie vor dem Hintergrund der verschneiten kanadischen Provinz beginnt, nimmt durch einen unverschuldeten, fatalen Autounfall einen dramatischen Verlauf. Die Reise führt von der Oberfläche verschneiter Straßen in die Tiefen des Ichs, die bisweilen nicht minder kalt sein können als die faszinierenden Eiskristalle der Schneeflocken, mit denen in diesem Film nicht nur die Kinder spielen. Wenn die unglücklich Betroffenen zusammenrücken und sich einander zuwenden, dann entsteht jene Wärme, die man Menschlichkeit nennt. Einem solchen tief berührenden Prozess wohnt man als das Publikum dieses großartigen Films bei, wenn kalte Seelenlandschaften schmelzen und warmherzige Zuneigung die Regie übernimmt.
"Snow Cake" ist das herausragende Beispiel einer Geschichte über aufgedrängte, gewollte, gewünschte und verweigerte Kommunikation zwischen Menschen. Vor dem Hintergrund der kanadischen Winterlandschaft entspinnt sich eine Geschichte zwischen Linda und Alex, die als Roadmovie beginnt und an einem Ort endet, von dem der gestrandete Protagonist am liebsten nicht mehr weg will. Durch die Hilfe eines kranken Menschen, dem zu helfen er geblieben war, findet Alex näher zu sich selbst. "Snow Cake" wird so zu einem flammenden Plädoyer für Toleranz im Zusammenleben mit Mitmenschen - ohne aufdringlich oder moralinsauer den pädagogischen Zeigefinger zu heben.
Durch einen tragischen Verkehrsunfall gerät Alex an die autistische Linda, mit der er einige Tage verbringt, zunächst um sie in ihrer Situation nicht allein zu lassen, dann, weil er ihre Klarheit und Direktheit zu schätzen lernt. Linda ist Autistin, ihre krankheitsbedingte Ich-Bezogenheit wie auch der Egoismus der Umwelt zwingen ihn, sich auf die unerwartete Situation einzustellen. Und berührenderweise hilft ihm das auch selbst, ein Stück weit zur Ruhe und ein gehöriges Stück weit zu sich selber zu kommen.
Alex und Linda verbindet das gleiche Schicksal. Beide haben ihre einzigen (erwachsenen) Kinder bei einem Autounfall verloren. Der Umgang der Autistin Linda, die über den Tod ihrer Tochter Vivien nicht zu weinen vermag, erinnert ihn daran, dass auch er den Tod seines Sohnes noch nicht verarbeitet hat. Bis zur Grenze des Egoismus sind die Personen des Films auf sich selbst gestellt, damit sind sie dem Autismus näher, als sie wahr haben wollen. Im Autismus spiegelt sich gesellschaftliches Verhalten. Klugerweise reflektiert der Film sein Thema und seine filmischen Vorgänger, sei es "Rain Man" oder "Nell". Die darstellerische Leistung von Sigourney Weaver ist beeindruckend und unprätentiös, überhaupt stehen die Schauspieler bravourös hinter ihren Figuren zurück. Der Film gerät nicht zu einem wie immer beeindruckenden Darsteller-Vehikel. Was beeindruckt und berührt, das ist die tiefe und wahre Menschlichkeit.
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Jahr:
2009
Verlag:
Leipzig, Kinowelt
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Altersfreigabe:
12
ISBN:
400-6-680-03831-5
Beschreibung:
107 Min.
Fußnote:
Sprachen: Deutsch, Englisch
Mediengruppe:
DVD